Martin Füllenhals
Darsteller & Finanzminister des Vereins... und das ein sehr strenger!!!
Das Theater und ich oder:
Mein innerer Schweinehund macht Überstunden.
Es war irgendwann an einem lauen Sommerabend 2002 als mir ein hübsches Heft in die Hände fiel: „Kursprogramm Volkshochschule“ war die Überschrift. Immer auf der Suche nach Neuem blätterte ich also darin herum. Sieh an, Theaterwerkstatt unter der Regie von Dagmar L. wird da angeboten. Verblaßte Erinnerungen werden wieder wach: Von denen hab ich doch vor einigen Jahren eine Aufführung gesehen! Und so beschloß der zukünftige Schauspieler sich diesem bisher in seinem Leben schändlichst vernachlässigtem Thema zu widmen (ohne zu wissen welch Wechselbad der Emotionen da auf Ihn zukam).
Schreiten wir voran zur Premiere der Premieren, zu meiner ersten Aufführung vor Publikum: Da wacht man also auf in der Früh. Irgendwas war doch heute. Hmmmm.... Dann die schreckliche Erkenntnis: Heute ist d e r Tag! Blamage vor allen Verwandten. Auf der Straße werden alle mit dem Finger auf mich zeigen: Der hat den Text vergessen, der hat die Vorstellung geschmissen! Ich werde nach Australien auswandern müssen. Ich bleibe heute lieber im Bett.
Das Mittagessen bringt wieder etwas Zuversicht, der Magen rebelliert nur leicht. Vielleicht muß ich nur in ein anderes Europäisches Land auswandern.
Kurz vor der Stunde Null lese ich nochmals meine Texte durch. Ich habe alles vergessen!!! Australien wird nicht weit genug sein, die Antarktis ist das Minimum.
Ankunft im Stadttheater. Ich bin ganz ruhig. So ähnlich muß sich jemand fühlen wenn er zum Galgen geführt wird. Kein Weg zurück, es ist unvermeidlich. Ein Gefühl der Leichtigkeit macht sich breit. Ruhig sitze ich vor den Garderoben und sehe meinen Kollegen zu, die wie aufgescheuchte Hühner herumlaufen. Wissen die etwas, was mir bis jetzt verborgen geblieben ist? Wozu jetzt noch aufregen? Das Schicksal ist bereits besiegelt, nichts kann das Unvermeidliche noch aufhalten. Fast schon euphorisch schließe ich innerlich mit meinem bisherigen Leben ab.
Kurz vor meiner ersten Szene:
Da ist grelles Licht. Hinter dieser schwarzen Wand der Dunkelheit sind unzählige Augenpaare auf mich gerichtet. Ein Gefühl der freudigen Erwartung. Die Szene beginnt. Ich sehe nur mehr meine Kollegen und höre mich selbst atmen. Seltsam, der Text entsteht in meinem Hirn, so als ob es sich um meine eigenen Gedanken handeln würde. Ich fühle was in der Szene passiert. Dann ist die Szene urplötzlich aus. Applaus. Wahnsinn! Die Zeit verfliegt nur so, die anderen Szenen rasen dahin, schon ist das Stück zu Ende. Ein unglaubliches Gefühl sich zu verbeugen. Und das Publikum applaudiert scheinbar ohne Ende.